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15 Jahre FernFH Forschung: Was zivilgesellschaftliche Organisationen wissen sollten

Spontane Freiwilligenarbeit und die Wahrnehmung von gemeinnützigen Organisationen werden durch die Flüchtlingsbewegung aufgrund des Krieges in der Ukraine wieder ein aktuelles und bedeutsames Forschungsthema.

Einige Forschungsaktivitäten am Masterstudiengang Betriebswirtschaft & Wirtschaftspsychologie rund um spontane Freiwilligentätigkeit und die Wahrnehmung von gemeinnützigen Organisationen bekommen durch die Flüchtlingsbewegung aufgrund des Krieges in der Ukraine derzeit wieder traurige Aktualität.

In Zusammenarbeit mit Forscher_innen der Wirtschaftsuniversität Wien beschäftigte sich Anahid Aghamanoukjan mit spontaner Freiwilligenarbeit in sozialen Krisen am Beispiel des Jahres 2015, als viele Flüchtlinge an Österreichs Grenzen und Bahnhöfen ankamen. Das Forschungsteam untersuchte wie die spontanen Freiwilligen in Organisationen arbeiteten und welche Erfahrungen sie dabei machten. Daraus leiteten sie Empfehlungen für das Management von spontanen Freiwilligen in zivilgesellschaftlichen Organisationen ab. Obwohl die enorme Hilfsbereitschaft sehr wichtig war und zum Teil fehlende offizielle Unterstützungssysteme ersetzt hat, stellte die große Zahl an spontanen Freiwilligen auch eine große Herausforderung für die etablierten Organisationen dar.

Die Autor_innen kommen daher zum Schluss, dass spontane Freiwilligenarbeit in sozialen Krisen „strukturierte Selbstorganisation“ braucht, d.h. eine gute Balance zwischen Selbstorganisation und Koordination durch zivilgesellschaftliche Organisationen. Dies erfordert 1. Strukturen, die Autonomie erlauben, 2. Rahmenbedingungen, die Orientierung geben und 3. Sorgestrukturen für die spontanen Helferinnen und Helfer wie z.B. Supervisionsmöglichkeiten (Ruth Simsa, Paul Rameder, Anahid Aghamanoukjan, Marion Totter, 2018. Spontaneous Volunteering in Social Crises: Self-Organization and Coordination. Nonprofit and Voluntary Sector Quarterly, 48(2_suppl), 103S-122S, https://doi.org/10.1177/0899764018785472). Der Artikel wurde als “Outstanding Article in Nonprofit and Voluntary Sector Quarterly” ausgezeichnet (https://www.arnova.org/news/news.asp?id=528152#Best%20NVSQ%20Article). Die Verleihung fand virtuell im Rahmen der Annual ARNOVA Conference am 12. November 2020 statt.

Eine Balance braucht es aber auch zwischen spontaner Freiwilligentätigkeit und Hilfe in Form von Spenden. Für die Spendenbereitschaft spielt die Wahrnehmung gemeinnütziger Organisationen, also was Menschen über diese Organisationen denken, eine entscheidende Rolle. Mit diesem Thema haben sich Vivien Marx, Herbert Schwarzenberger und Anahid Aghamanoukjan beschäftigt. Es wurden 280 Personen in Österreich mittels Online-Fragebogens befragt. Es zeigte sich eine insgesamt sehr positive Wahrnehmung gemeinnütziger Organisationen in Österreich. Die Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen Wahrnehmung von gemeinnützigen Organisationen und Spendenverhalten wirken auf den ersten Blick überraschend. So sind regelmäßige Spender_innen kritischer gegenüber gemeinnützigen Organisationen als Nicht-Spender_innen. Die Autor_innen erklären dieses auch mit anderen Studien übereinstimmende Ergebnis damit, dass Spender_innen emotional engagierter sind und daher einen kritischeren Blick auf die Tätigkeit der Organisationen, für die sie spenden, haben. Ein weiteres wichtiges Ergebnis dieser Studie ist, dass die Bedeutung der Freiwilligentätigkeit noch stärker in der Öffentlichkeit kommuniziert werden sollte (Vivien Marx, Herbert Schwarzenberger, Anahid Aghamanoukjan, 2019. Soziale Repräsentationen gemeinnütziger Organisationen. Was über gemeinnützige Organisationen gedacht wird und wie sich das auf das Spendenverhalten auswirkt. SWS-Rundschau, 59(2), 159–180.)

Insgesamt liefern die Forschungsarbeiten zu zivilgesellschaftlichen Organisationen und Freiwilligenengagement am Masterstudiengang Betriebswirtschaft & Wirtschaftspsychologie wichtige praktische Hinweise für die Öffentlichkeitsarbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen im Zusammenhang mit Rekrutierung von Spenden und Freiwilligen sowie das Management von Freiwilligentätigkeit. Das Wissen zur besseren Bewältigung von großen sozialen Krisen ist heute aktueller und notwendiger als wir uns wünschen. Es bietet uns aber die Möglichkeit, uns auf zukünftige Krisen besser vorzubereiten.

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Autorin: Prof.in (FH) Mag.a Dr.in Karin Waldherr, Leiterin Stabsstelle Forschung & Entwicklung